Gerade im Winter, wenn es nur wenige Stunden hell und die eigene Stimmung mitunter düster ist, taucht sie ganz plötzlich auf: der unbändige Heißhunger auf Süßes. Dann werden die Kekse, die noch von Weihnachten übrig geblieben sind, und andere Kalorienbomben verzehrt, als gäbe es kein Morgen – und man ist erst zufrieden, wenn das Verlangen nach dem Süßgeschmack gestillt ist.
Ursachen für Heißhunger
Die Ursache dafür sehen Experten unter anderem in einer verminderten Konzentration von Serotonin im Blut – ein Botenstoff, der wichtige Funktionen wie Hunger, Schlaf und eben auch unsere Stimmung beeinflusst. Wie viel Serotonin produziert wird, hängt nicht zuletzt von der Dauer und Intensität des Lichts ab. Darüber hinaus benötigt der Körper für die Herstellung des Hormons den Eiweißbaustein Tryptophan, der zum Beispiel in Lebensmitteln wie Milch, Käse, Fisch und Nüssen enthalten ist. Damit dieses Tryptophan aber ins Gehirn gelangen und dort in Serotonin umgewandelt werden kann, ist noch etwas anderes nötig: Insulin. Und das wird nun einmal dann am schnellsten und intensivsten ausgeschüttet, wenn wir stark zuckerhaltige Produkte essen.
Auch Fett unterstützt den Weg des Eiweißbausteins ins Gehirn – weshalb für viele Naschkatzen, vor allem Frauen, Schokolade die erste Wahl ist, um die Laune zu heben – schließlich enthält diese sowohl Zucker als auch Fett.
Was allerdings schade ist: Die stimmungserhellende Wirkung hält nur kurze Zeit an. Im Gegensatz zu den komplexen Kohlenhydraten bewirken die schnell verwertbaren einfachen Kohlenhydrate zwar einen raschen Anstieg des Blutzuckerspiegels, aber auch ein ebenso schnelles Absinken. Schon bald wird wieder „Heißhunger“ signalisiert – und der Teufelskreis beginnt.
Schon Kinder lernen: Süßes tröstet
Die oben erwähnten biochemischen Vorgänge sind nicht der alleinige Grund für den exzessiven Appetit auf Süßes. Dazu Gerald Hüther, Professor für Neurobiologie in Göttingen: „Zucker wirkt beruhigend auf die Stresssensoren. Wer bereits als Kind diese Erfahrung gemacht hat, erinnert sich oft als Erwachsener unbewusst an diese Trost spendende Strategie.“
Konditionierung nennen die Psychologen dieses gelernte Verhalten – das man allerdings mit einfachen Tricks wie diesem hier bekämpfen kann: Sobald der Heißhunger kommt, einfach erst einmal aufstehen, das Fenster öffnen und einige tiefe Atemzüge nehmen. Oder ein Glas Wasser in vielen kleinen Schlucken trinken. Wer danach immer noch Appetit auf Süßes hat, der gönnt sich eben nur die Hälfte von dem, was er oder sie normalerweise naschen würde.
Happy End
Zum Schluss noch zwei gute Nachrichten: Zum einen ist Heißhunger auf Süßes nicht unbedingt immer schlecht. Ernährungsmediziner Christian Löser meint beispielsweise dazu: „Essen ist auch Lust und Genuss und das Stillen einer Heißhungerattacke kann durchaus gut tun.“ Wenn einen dieses Bedürfnis jedoch sehr oft überkommt, dann sollte man sich auf die Suche nach den Ursachen machen, anstatt sich nach dem Naschen mit Schuldgefühlen herum zu quälen. So kann es paradoxerweise auch daran liegen, dass man generell sogar zu stark darauf achtet, nur wenig zu essen – und dann bei Stress ins Gegenteil umschwenkt, weil man die Selbstkontrolle nicht mehr aufrechterhalten kann. Eine vernünftige, ausgewogene Ernährung ist hier hilfreich. Die zweite gute Nachricht lautet: Der Serotoninspiegel, der die Stimmung hebt, lässt sich auch durch Bewegung dauerhaft steigern – und das völlig kalorienfrei. Und wer dann trotzdem noch Lust auf Schokolade hat, kann sie ganz ohne schlechtes Gewissen genießen – zumal sie auch ein wertvoller Energiespender ist. Dazu die österreichische Ernährungsberaterin Eva Dernhofer in ihrem 2015 erschienen Buch „111 Gründe, Schokolade zu essen“: „Als Kind bekam ich beim Wandern Traubenzucker, wenn ich müde wurde. Das war sinnlos, er macht kurz fit und dann, wenn der Blutzucker in den Keller fällt, erst recht müde. Schokolade ist die bessere Alternative. Da sie nicht nur Zucker enthält, sondern auch Fett, steigt der Blutzuckerspiegel weniger rasant. Und fällt auch weniger rasch.“